Darum geht’s (mir)…
Ich weiß nicht, wie es DIR geht, aber: Ich komme in den letzten Monaten so oft mit Menschen ins Gespräch, die mit dieser „Nach-Corona“-Welt, die zurück zum „Alten“ will, nicht mehr zurechtkommen (wollen). Oder die sich ganz grundsätzlich fragen, worum es denn eigentlich wirklich im Leben geht und wonach Entscheidungen auszurichten sind.
Genau um diese Menschen geht es mir. Um diese Menschen wie du und ich, die nicht laut schreien, posten oder sich sonstwie in den „Socials“ inszenieren. Und die sich – fatalerweise – in der Minderheit wähnen und beinahe schon ein bissl schämen für ihre sogenannte „Passivität“, ihr nicht mehr wiedergekehrtes Interesse an einem ausgebuchten gesellschaftlichen Leben oder am neuen, superhippen Paar Schuhe im Schaufenster.
Und es geht mir auch um jene, die zwar reden oder tun, aber nicht gehört werden. Um Verantwortungsträgerinnen und –träger quer durch alle gesellschaftlichen Aufgaben, die ihre Entscheidungen – trotz „Gegenwind“ – ausrichten an ethischen Werten von Menschlichkeit, Respekt und der Vision einer Gesellschaft des Mit- und nicht des Gegeneinander. Die Ideen haben, Visionen… und dafür auch die Ärmel aufkrempeln wollen. Um genau diese Menschen, die halt eben nicht einstimmen ins Gerangel von Macht- oder Profitgier und Selbstinszenierung, geht es mir auch.
Weil genau sie, denen das 17. Paar Schuhe, die schrille Marktschreierei und eine egoistische Ellbogenmentalität fremd (oder fremd geworden) sind, mehr Stimme brauchen.
Und Gehör für das, was sie zu sagen haben, für das, wie sie ihr Leben und unsere Gesellschaft mitgestalten möchten in einer Zeit, in der Altes nicht mehr trägt und Neues noch nicht wirklich da ist.
Ich finde einfach, Corona soll nicht umsonst gewesen sein. Diese Corona-Zeit, die uns trotz und inmitten all ihrer schlimmen Geschehnisse auch Kostbares aufgezeigt hat: Qualitäten von Stille und Innehalten-Dürfen, die Kraft menschlicher Begegnungen, für die man plötzlich wieder Zeit hatte, Erfahrungen von Verbundenheit und Solidarität…
SarsCov2… Dieses kleine, auf gut südtirolerisch, „tiggische“ Virus hat uns auch unverblümt die Grenzen aufgezeigt. Die Grenzen unserer Allmacht und unserer Auffassung, stets über alles die Kontrolle zu haben. Hat uns quasi über Nacht ziemlich fragil aussehen lassen…
Und unseren Narzissmus ordentlich erschüttert. Dieses kleine Virus…
Tja, man könnte deswegen jetzt ordentlich beleidigt sein. Weil doch WIR es sind, die die Welt steuern, sie im Griff haben, für alles eine Lösung finden und für maximale Sicherheit zu garantieren im Stande sind. Verflixtnochmal.
Hm… Wir merken schon… Taugt nicht (mehr) so ganz, oder?
Taugen – wirklich taugen – könnte es aber, Corona als Weckruf zu verstehen. Als Weckruf, der uns etwas (man verzeihe das antiquierte Wort) bescheidener werden lassen könnte, etwas verwiesener auch auf etwas, das außerhalb unserer „Allmacht“ liegt und ungleich tragender ist. Wenn wir es denn zulassen würden… Oder uns vom Vertrauen in etwas Weiseres, als wir selbst es sind, leiten lassen könnten…
Taugen könnte es auch, Corona als Chance zu sehen für einen Paradigmenwechsel. Zu einem Paradigmenwechsel in der Entscheidung für Modelle, die unsere ureigensten menschlichen Fähigkeiten von Verbundenheit, Empathie, Kreativität ins Zentrum stellen. Zu einem Paradigmenwechsel, der unsere Sehnsucht ernst nimmt nach einem sinnerfüllten, „WESENtlichen“ Leben, in dem das Gerenne aufhören und das Weniger mehr sein darf, und dafür aktiv Raum schafft.
Corona als Weckruf. Und die stillen Menschen stärken. Das möchte ich. Die vorsichtigen, verletzten und oft auch an der Gesellschaft erkrankten Menschen, die sich wie fremd fühlen. Und auch die „öffentlichen“, denen der Gegenwind der und des Gestrigen ins Gesicht bläst. Weil sie alle wohl genau die Menschen sind, die es jetzt braucht. Damit der Corona-Weckruf nicht ungehört verhallt… Und ein Paradigmenwechsel möglich wird.